Suche
Close this search box.

Milchsäurebakterien – erwünschte Mitbewohner

Wir sind nicht allein. In uns gibt es eine große Zahl an verschiedensten Kleinstlebewesen. Die meisten dieser Bakterien tun uns gut, sind gesund und leben friedlich mit uns zusammen.

Milchsäurebakterien gehören zu solchen unverzichtbaren Helfern. Sie sind ein natürlicher Bestandteil unserer Ernährung oder können zusätzlich über Probiotika eingenommen werden.

Lesen Sie in diesem Artikel …

  • was diese weit verbreiteten Mini-Lebewesen alles für uns tun
  • warum ein ausgewogenes Miteinander aller so wichtig für unsere Gesundheit ist
  • wie wir unsere Bakterienflora aufbauen und stärken können

Wissenschaftler nennen sie Lactobacillen

Milchsäurebakterien werden auch Lactobacillen genannt. Ihr Name kommt daher, weil sie von Kohlenhydraten wie Zucker leben. Diesen nehmen sie auf, ernähren sich davon und scheiden ihn als Milchsäure (Laktat) wieder aus. Daraus gewinnen Lactobacillen ihre Energie.

Wo kommen Milchsäurebakterien vor?

Ein Milchsäurebakterium ist nicht wählerisch. Es kommt weit verbreitet in Nahrungsmitteln vor, aber auch innerhalb tierischer und menschlicher Körper. Das gelingt dem Anpassungskünstler, da er kaum oder gar keine Luft zum Überleben braucht.

Ob Lactobacillen allerdings da sind oder fehlen, bleibt nicht unbemerkt: Milchsäurebakterien verändern ihre jeweilige Umgebung und machen sie saurer. Bei der Gärung beispielsweise wandeln sie Milchzucker nach und nach zu Milchsäure um. Aus Milch wird Joghurt.

Lactobacillen im menschlichen Körper

Auch in vielen menschlichen Geweben und Organen finden sich ganz natürlich Milchsäurebakterien, insbesondere im Darm und zum Beispiel auch in den weiblichen Brustdrüsen und der Muttermilch während der Stillzeit.

Der menschliche Körper und seine Bakterien – Zahlen und Fakten zu unserem Mikrobiom:

  • Unser Körper ist eine Einheit aus etwa 30 Billionen Körperzellen. In Ziffern ausgeschrieben ist das die Zahl 30 mit 12 Nullen im Anschluss.
  • Mindestens noch einmal dieselbe Zahl an Mikroorganismen befindet sich in jedem Menschen. Etwa 39 Billionen Mikroorganismen leben auf den inneren und äußeren Oberflächen, in den Geweben, im Darm und ganz besonders im Dickdarm.
  • Zusammen wiegen die Mitbewohner eines Menschen etwa ein bis zwei Kilogramm.
  • Die meisten davon leben in unserem Darm. Insgesamt wird die Artenzahl auf 1000 bis 1400 Arten geschätzt.

In einer nährstoffreichen Umgebung wie dem Darm fühlen sich die nützlichen Keime besonders wohl. Auch dort produzieren die Lactobacillen Säure – das nützt Mensch und Bakterie. Viele andere, insbesondere schädliche Darmbakterien, mögen das saure Milieu nicht und vermehren sich dann deutlich weniger.

In jedem gesunden Körper leben viele nützliche Bakterien wie die Milchsäurebakterien. Wenn krankmachende Keime die Oberhand gewinnen, wird das Gleichgewicht gestört. Bevor der Mensch aber erkrankt, wird sein Immunsystem versuchen, die Eindringlinge zu kontrollieren.

Viel hilft viel – gesunde Powerpäckchen

Milliarden Milchsäurebakterien sind von Natur aus in verschiedenen Nahrungsmitteln enthalten. Es gibt aber auch Lebensmittel sowie Präparate mit extra zugesetzten lebenden Milchsäurebakterien – unter anderem als Kapseln, Zäpfchen und Tropfen, die die natürliche Vielfalt im Darm ergänzen.

Was sind eigentlich ...

Probiotika?

Probiotika sind ein Sammelbegriff für gesundheitsfördernde Zubereitungen wie Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel, die lebende Mikroorganismen enthalten.

Präbiotika?

Präbiotika (oder Prebiotika) sind unverdauliche Stoffe, die sich positiv auf Bakterien im Dickdarm auswirken und damit die Gesundheit verbessern (z.B. Inulin, Laktulose und Oligofruktose).

Synbiotika?

Synbiotika bezeichnen eine Kombination aus Probiotika und Präbiotika.

Die Wirksamkeit von lebenden Bakterien aus Lebensmitteln oder Arzneimitteln ist in vielen Bereichen gut erforscht.

Wichtig dabei ist, den richtigen Bakterienstamm auszuwählen. Nicht jedes Milchsäurebakterium hat die selben Eigenschaften wie sein naher Verwandter. Ihre Apotheke kann sie dazu gut beraten.

Tipps für den Alltag

Lactobacillen fürs Baby und die Mama

Die Darmflora bei Babys muss sich erst entwickeln und in ihr gesundes Gleichgewicht kommen. Das gilt besonders bei Frühgeborenen und bei Babys aus Kaiserschnittgeburten. Sie kommen gänzlich ohne Kontakt mit mütterlichen Vaginal- und Darmbakterien auf die Welt. Koliken können ein Zeichen dafür sein, dass der Darm eines Säuglings noch nicht richtig funktioniert. Besonders ausgeprägt äußert sich das in den häufigen Dreimonatskoliken von Säuglingen. Mehr erfahren

Die in der Muttermilch enthaltenen Milchsäurebakterien helfen dem Baby schon sehr früh, die Besiedlung schädlicher Darmbakterien abzuwehren und die Darmflora zu stärken.

Milchsäurebakterien finden sich auch im Brustdrüsengewebe und in den Milchgängen der stillenden Frau. Manchmal dringen während der Stillzeit andere schädliche Keime von außen ein und es kommt zu einer schmerzhaften Brustentzündung (Mastitis). Mehr erfahren

Pro-Biotika und Anti-Biotika

Probiotika heißt übersetzt „für das Leben“ – Antibiotika bedeutet demgegenüber „gegen das Leben“. So wirken Antibiotika selten ausschließlich gegen die unerwünschten Keime, sondern auch gegen nützliche.

Müssen Kinder oder Erwachsene also ein Antibiotikum einnehmen, werden daher oft auch die hilfreichen Bakterien im Darm dezimiert und die Darmflora somit beeinträchtigt.

Milchsaure Nahrungsmittel – tägliche Vitaminkicks

Schon in Urgroßmutters Küche spielten bei der Herstellung von Joghurt, Buttermilch und Sauerkraut Milchsäurebakterien eine Rolle. Das Gemisch aus verschiedenen Mikroorganismen war in den Ausgangsprodukten ganz natürlich enthalten und ihre Zusammensetzung daher zufällig. Durch die Säure erhielten die Speisen und Getränke ihren typischen Geschmack und waren länger haltbar.

Milchsaure Lebensmittel wie Joghurt sind gut für die Gesundheit. Als Bestandteil jeder ausgewogenen Ernährung liefern sie viel Vitamin B2, Vitamin B12 und weitere B-Vitamine.

Heute werden industriell gefertigte Lebensmittel mit ausgewählten Bakterienarten hergestellt. Die Mikroorganismen werden oft erst zugesetzt, nachdem ein Großteil der vorhandenen Keime beispielsweise durch Erhitzen abgetötet wurde. Die Sicherheit der Produkte ist dadurch hoch. Qualität und Geschmack sind gleichbleibend.

Nahrungsmittel mit lebenden Milchsäurekulturen

BrottrunkDas Produkt aus vergorenem Vollkornbrot soll herstellungsbedingt Milchsäurebakterien enthalten.
Alkoholfreies Bio-BierDie meisten alkoholfreien Biere werden mit Hefen erzeugt und der entstehende Alkohol anschließend entzogen. Bei Fermentierung mit Milchsäurebakterien entsteht kein Alkohol.
JoghurtVerschiedene Arten von Milchsäurebakterien werden zur Herstellung verwendet und sind in Naturjoghurt nachweisbar.
KäseWird bereits seit dem 6. Jahrtausend vor Christus hergestellt. Besonders Sauermilchkäsesorten enthalten Milchsäurebakterien.
KefirNeben Milchsäuregärung kommt eine Pilzkultur zum Einsatz. Kefir enthält wenig Laktose. Zur Ernährung bei Laktose-Intoleranz geeignet.
KimchiTraditionelles koreanisches Gericht aus fermentiertem Chinakohl, weiteren Gemüsen und Gewürzen. Säuerlich, meist auch scharf. In Deutschland in Asia-Läden oder Versandhandel erhältlich.
MisoSalzige Würzpaste der japanischen Küche aus Sojabohnen und Getreide.
SauerkrautFein geschnittener Weißkohl, durch Milchsäurebakterien haltbar gemacht.
TempehMilchsauer vergorene Sojabohnen. Die schnittfeste Masse hat als Eiweißquelle eine wichtige Rolle in der asiatischen Küche.
UmeboshiMilchsauer eingelegte Aprikosen aus Asien.

Natürliche Quellen von Präbiotika

Auch durch unverdauliche pflanzliche Substanzen (Präbiotika) , die die Vermehrung der guten Bakterien unterstützen, können Sie für die Gesundheit Ihrer Familie viel Gutes tun. Am einfachsten setzen Sie dazu natürliche Quellen von Präbiotika regelmäßig auf den Speiseplan. Dazu gehören beispielsweise Getreide, Spargel, Chicorée, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Schwarzwurzeln, Artischocken und Bananen.

Auf den Punkt gebracht

  • Milchsäurebakterien siedeln im Körper auf verschiedenen Schleimhäuten und Geweben, wie zum Beispiel im Darm oder den Milchgängen stillender Frauen.
  • Die Mikroorganismen unserer Darmflora helfen bei der Abwehr krankmachender Keime und helfen dem Immunsystem.
  • Lebende Milchsäurebakterien sind in der Nahrung und in Probiotika enthalten

Potentielle Interessenskonflikte der Experten

Prof. Dr. Hermann Kalhoff
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Bezahlte Vorträge, Beratungstätigkeit, Leitung klinischer Studien für Abbott, Astella, Astra Zeneca, BavarianNordic, Baxter, BioNTech, Boehringer Ingelheim, Clover Pharmaceuticals, Crucell, Dr. Falk Pharma, Emergent Biosolutions, GSK, Glenmark, Hermes Arzneimittel, Hoffmann LaRoche, India Serum Institute, Medicago, Pfizer, r-biopharm, Sanofi Pasteur, MSD Sharp & Dohme, Sekizui-Virotech, Sequirus, Sigma Tau, Takeda, Themis Bioscience, Valneva

Priv.-Doz. Dr. med. Christina Schnopp
Vortragshonorare von Abbvie, Amgen, Beiersdorf, Celgene, Fortbildungskolleg GmbH, GSK, Galderma, Hipp, Infectopharm, LaRoche Posay, Leo Pharma, LETI, Lilly, MSD, Nestle, Novartis, Nutricia, Pierre Fabre, Sanofi, Unna-Akademie; Beratertätigkeit für Benevi, Hipp, Infectopharm, Leo Pharma, Lilly, Novartis, Pierre Fabre, Sanofi.

Prof. Dr. med Klaus-Michael Keller
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.

Prof. Dr. med. Rainer Ganschow
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.

Dr. med. vet. Ingrid Reiter-Owona
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.

Dr. med. Christian Jäkel
Der Autor ist als Rechtsberater der Pharma- und Medizinprodukteindustrie tätig, hat aber keinen Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors.

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.

Dr. Klaus Wölfling
Es liegen keine potentiellen Interessenskonflikte vor.